Exkursion in die Bienenforschung
Zwei Imkereien, zwei Konzepte. In der Lehr- und Forschungsimkerei der Universität Bonn wird streng wissenschaftlich mit Bienen für die Forschung gearbeitet. In der Imkerei der Botanischen Gärten Bonn setzt sich der Imker auch schon mal über geltende Lehrmeinungen hinweg und ist damit ebenfalls erfolgreich. Beide Imkereien lassen die Neuimker des Bienenzuchtvereins Rheinbach immer wieder hinter die Kulissen schauen.

In der „Wachsecke“ der Lehr- und Forschungsimkerei (Quelle: BZV/Christian Behrens)
Mittwochabend in der hügeligen Landschaft des Bonner Melbtals: Rund 20 Neuimker werden von Dete Papendieck und Jonas Klingel begrüßt. Die beiden sind die Imker der Lehr- und Forschungsimkerei der Universität Bonn und verantwortlich für bis zu 150 Versuchsvölker der Honigbiene Apis mellifera carnica. Papendieck und Klingel arbeiten in einer der ältesten Universitätsimkereien Deutschlands. Ihre Anfänge reichen bis ins Jahr 1847 zurück.
Gleich am Eingang des Imkereigeländes stehen die Bienenstöcke eines wissenschaftlichen Forschungsprojektes. „Die Bienenstöcke sind mit speziellen Pollenfallen ausgestattet“, beginnt Dete Papendieck die Führung. „Wissenschaftler der Universität Bonn untersuchen hier für ein Arzneipflanzenprojekt, welche Blüten in welcher Verteilung von den Bienen angeflogen werden.“

Dete Papendieck erklärt das wissenschaftliche Pollensammeln (Quelle: BZV/Christian Behrens)
Forschungsgebiet Varroabekämpfung
Auch für die Wissenschaftler und Imker der Universität Bonn ist die Bekämpfung der Varroa-Milbe ein wichtiges Forschungsgebiet. Methoden wie die vollständige Brutentnahme und alternative Einsatzmethoden von Oxalsäure werden wissenschaftlich untersucht und auch an der Züchtung varroaresistenter Bienen arbeitet die Lehr- und Forschungsimkerei in einem Dauerversuchsprojekt. Die Imker Papendieck und Klingel sorgen dafür, dass den Wissenschaftlern und Studenten immer ausreichend und geeignetes „Bienenmaterial“ für ihre Forschungen zur Verfügung steht. Dete Papendieck betont: „Wir machen hier keine Imker aus den Studierenden. Aber wir bringen ihnen bei, wie man mit Bienen für die wissenschaftliche Arbeit umgeht.“
Imkerausbildung und Praktikum in der Lehr- und Forschungsimkerei
Jonas Klingel führt die Exkursionsteilnehmer durch die verschiedenen Betriebsbereiche der Lehr- und Forschungsimkerei. Klingel ist Tierwirt der Fachrichtung Imkerei und hat seine Ausbildung bei Dete Papendieck absolviert. Die Lehr- und Forschungsimkerei ist Ausbildungsbetrieb. Wer erstmal nur in die professionelle Arbeit mit Bienen reinschnuppern will, kann hier auch ein Praktikum absolvieren.

Imker Jonas Klingel erklärt die Königinnenzucht in der Lehr- und Forschungsimkerei (Quelle: BZV/Christian Behrens)
Zuerst macht Klingel mit den Exkursionsteilnehmern Station in der Wachsverarbeitung. Um die Rähmchen zu reinigen und das Wachs zu gewinnen, gibt es hier allerlei Eigenkonstruktionen. „Für unsere Wachsschleuder haben wir eine Wäscheschleuder mit Heizung und Dampfzufuhr ausgestattet“, schmunzelt Klingel. Aber auch sonst hat sie Hightech zu bieten. Computergesteuerte Honigschleudern, Brutschränke für die Königinnenzucht und vieles mehr. Praktische Tipps für den Imkeralltag gibt es auch: „Mittelwände nur aus frischem Entdeckelungswachs sind brüchig“, erklärt Imker Klingel. „Wenn man es aber mit älterem Wachs mischt, werden die Mittelwände geschmeidig.“

Die Exkursionsteilnehmer bekommen einen Überblick in die Lehr- und Forschungsimkerei der Universität Bonn (Quelle: BZV/Christian Behrens)
Zwei Königinnen in einer Beute?
Für den zweiten Teil der Exkursion führt Organisator Markus Radscheit die Teilnehmer in den Melbgarten, eine sonst nicht öffentlich zugängliche Außenanlage der Botanischen Gärten Bonn. Hier erwartet Sergej Weiser die Neuimker.

Sehr speziell: Zwei Fluglöcher in einer Beute (Quelle: BZV/Christian Behrens)
Er ist der Imker der Botanischen Gärten Bonn und hat ganz besondere Bienenstöcke. Auf den ersten Blick irritierend: Einige Bienenstöcke haben zwei voneinander getrennte Fluglöcher. „In diesen Beuten leben zwei Königinnen mit einem Volk“, erklärt Weiser dem staunenden Publikum. Zwei Königinnen in einem Bienenvolk? Wie geht das? Das ist doch völlig gegen die Regel! „In Deutschland schon, aber nicht in Kasachstan oder Russland“, so Weiser. „Dort werden schon lange Völker mit zwei Königinnen geführt.“

Die BZV-Neuimkerexkursion bei Sergej Weiser am Bienenstand (Quelle: BZV/Christian Behrens)
Auch Tolstoi imkerte mit zwei Königinnen pro Volk
Sergej Weiser erklärt den erstaunten Neuimkern das System der „Zwei-Königinnen-Völker“. In seinen selbstgebauten Beuten haben die Zargen der Bruträume in der Mitte Trennbrett. Über den Bruträumen – mit dem Königinnengitter dazwischen – die Honigräume, ohne Trennbrett. „Die Königinnen sind in den Bruträumen durch das Brett voneinander getrennt, aber die Arbeiterinnen beider Seiten füllen die Honigräume gemeinsam“, lüftet Weiser das Geheimnis. Ergebnis: Die Völker sind seiner Erfahrung nach robuster und haben einen deutlich höheren Honigertrag als „normale“ Völker.

Zwei Königinnen pro Volk? Sergej Weiser sagt, mit einer Trennwand geht es (Quelle: BZV/Christian Behrens)
Die Methode hat eine lange Tradition. „Der berühmte russische Schriftsteller Lew Tolstoi war Imker und hat über Völker mit zwei Königinnen geschrieben“, sagt Weiser. Neben seinen selbstgebauten Bienenstöcken zeigt Weiser den Neuimkern einen riesigen Sonnenwachsschmelzer, einen Beutenheber und Bienentränken – alles Eigenkonstruktionen.

Der XXL-Sonnenwachsschmelzer Marke Eigenbau von Sergej Weiser (Quelle: BZV/Christian Behrens)
Bei allen Unterschieden haben die Lehr- und Forschungsimkerei und die Imkerei der Botanischen Gärten Bonn eines gemeinsam: Ihre Imker sind handwerklich vielseitig begabt und haben ein Händchen für Improvisation.
Text & Fotos: Christian Behrens